Deutschland, 2008
Kinostart: 23.10.2008
Ringelpietz mit Vergewaltigen
“Anonyma” nannte sich eine Frau, die 1959 ihre Tagebücher über die Zeit in Berlin zwischen April und Juni 1945 veröffentlichte. Damals, in sicherer Distanz zum Schrecken des Krieges, sorgte das Buch “Eine Frau in Berlin” für Empörung. Empörung darüber, dass sich deutsche Frauen den russischen Besatzern hingegeben haben sollen, ob sie nun wollten oder nicht. Max Färberböcks neuer Film, der das Pseudonym aus irgendeinem Grund mit in den Titel übernimmt, handelt das Drama um das Buch mit einer Texttafel ab und konzentriert sich auf den eigentlichen Inhalt, die Zeit in Berlin. Zu Beginn wird in ein paar vernebelten, überflüssigen Bildern angedeutet, dass der Krieg im April 1945 nicht mehr ganz rosig lief, dann rollen auch schon russische Panzer ein. Geschlagene 45 Minuten reiht sich Vergewaltigung an Vergewaltigung. Keine davon ist sonderlich dramatisch oder wirksam in Szene gesetzt, zumal keine der Frauen, geschweige denn Russen als Figur eingeführt wurde. Es ist ein gesichtsloses Elend, das kein Mitgefühl erzeugt, sondern zunehmend Indifferenz. Danach entwickelt die Frau eine Art Stockholm-Syndrom und verkuckt sich ein bisschen in einen russischen Major, der sie im Gegenzug vor den niedriger gestellten Soldaten schützen soll. Da dies nicht reicht, um die beträchtliche Zeit bis zum Nachspann zu füllen, werden ein gutes Dutzend russischer Volkslieder angestimmt, es gibt ein bisschen Streit hier und da, und weil’s so schön war, noch ein paar Vergewaltigungen. Die Figuren bekommen keinerlei Tiefe, wecken keinerlei Emotionen. Nach dem Krieg war das Leben in Deutschland hart. Das wusste man aber irgendwie vorher schon, und mehr als das nimmt man aus dem Film leider nicht mit.
Felix “Flex” Dencker