USA, 2007
Kinostart: 15.11.2007
New York, Anfang der 1970er Jahre. Nach dem Tod von Gangsterboss Bumby Johnson übernimmt dessen Lakai Frank Lucas (Denzel Washington) das Ruder und baut sich in Harlem ein Drogenimperium auf. Mit Hilfe von Quellen in Südost-Asien sowie einigen korrupten Us-Soldaten verkauft er qualitativ hochwertigeren, preiswerteren Stoff als die Konkurrenz und macht damit nicht nur die Mafia auf sich aufmerksam. Auch Polizist Richie Roberts (Russell Crowe) spürt, dass sich hinter den Kulissen die Machtverhältnisse verschieben.
1995 legte Michael Mann mit Heat einen Geniestreich hin: Zum ersten mal brachte er die beiden Schauspieltitanen Robert De Niro und Al Pacino gemeinsam vor die Kamera. Der ganze Film lief auf eine Konfrontation hinaus, die sich dann in ruhigen Dialogen erschöpfte. Diese waren allerdings so großartig, dass das Experiment glückte. Die selbe Strategie verfolgen Ridley Scott und Drehbuchautor Steven Zaillian. Auch Denzel Washington und Russell Crowe - über deren ersten gemeinsamen Film, Virtuosity, wir gnadenvoll den Mantel des Schweigens legen wollen - spielen ihr Programm parallel ab und sitzen sich erst nach über zwei Filmstunden persönlich gegenüber. Im Gegensatz zu Heat gelingt der Weg dorthin jedoch nicht ganz perfekt. American Gangster erzählt die wahre Geschichte zweier Männer, die aus sich selbst das Beste machen wollten und ihren Weg auf entgegen gesetzten Seiten des Gesetzes gingen. Die Ironie dieser Konstellation und der Entwicklung, die sie nahm, sollte nicht ausgeklammert werden, und so bemühten sich Scott und Zaillian, Lucas und Roberts gleichberechtigt darzustellen, was sich nicht zuletzt in der Besetzung durch die beiden Oscarpreisträger niederschlägt. Doch wie so oft ist der Verbrecher um ein vielfaches interessanter als der gesetzestreue Polizist. Während Washington von der Diskrepanz zwischen treusorgendem Familienmann und ruchlosem Verbrecher zehren kann, darf Crowe lediglich ein ums andere mal moralischer handeln als seine Kollegen. Die Problemchen mit seiner Familie wirken lediglich wie bemühte Dreingaben, vor allem da man die immer gleiche, zu Recht nörgelnde Ehefrau inzwischen einfach schon zu oft gesehen hat.
Überhaupt setzt sich American Gangster eher durch Ruhe als durch Lärm von sein Genrekollegen ab. Selbst Lucas, der dem Vernehmen nach ein ziemliches Großmaul war, wird von Denzel Washington als überwiegend besonnener Geschäftsmann dargestellt, der seinen Bruder dafür zurechtweist, dass er sich zu auffällig kleidet und nur dann selbst laut wird, wenn es für sein Gegenüber zu spät ist. Dies ist schön und gut, resultiert jedoch auch in einer gewissen Spannungsarmut. Langweilig wird es nie, doch kommt bis zum Finale einfach nie das Gefühl auf, die beiden Kontrahenten seien einander ebenbürtig. Über die Seitenhiebe auf die korrupte Polizei - an vorderster Front von einem mit Gusto aufspielenden Josh Brolin wundervoll verkörpert - kann man sich freuen, doch Martin Scorsese muss ganz nicht um seinen Job fürchten. American Gangster ist fraglos ein gut gemachter Film, doch weder für Ridley Scott noch innerhalb des Crime-Genres wird er als einer der besten in die Filmgeschichte eingehen.
Felix “Flex” Dencker