Originaltitel: The Alibi
USA, 2006
Kinostart: 22.06.2006
Jeder bescheißt jeden.
Auf diese zynische Weltsicht bauten schon unzählige Filme des, wenn man so will, “New New Hollywood Cinema”, das Regisseuren wie Quentin Tarantino und Guy Ritchie seine Blütezeit verdankte, bevor das übersättigte Publikum das Interesse an den durchweg ähnlichen Geschichten verlor. Während Ritchie mit dem zähen und überladenen Revolver einen zum Scheitern verurteilten Comeback-Versuch startete, scheint Tarantino die Kurve gekriegt zu haben und widmet sich im Großen und Ganzen anderen Dingen. Warum auch ein totes Pferd treten, wenn schon genügend Nachahmer bis heute darauf Steptänze veranstalten?
Zu diesen ideenlosen Nachahmern gehören auch Matt Checkowski und Kurt Mattila, die sich mit ihren Spezialeffekten für Steven Spielbergs Minority Report einen, oder besser zwei Namen machten. Diese beiden wählten für ihren Debutfilm Noah Hawleys Drehbuch über einen Mann aus, der Fremdgehern Alibis verschafft. Ob Mann oder Frau - wer mehr als eine gute Ausrede benötigt, geht zu Ray Elliott (Steve Coogan). Bei einer Statistik, nach der 25% aller Männer und 10% aller Frauen untreu werden, blüht sein Geschäft geradezu - bis Ray plötzlich eine Leiche am Hals hat.
Während das charakterliche Fundament des Films aus Tarantinos Abfalleimer stammt, versuchten Checkowski, Mattila und Hawley, die Machart bei Steven Soderbergh abzupausen, genauer gesagt bei dessen Oceans´s Eleven bis Twelve. Leider drückten sich dabei nur die Stichwörter “Star-Ensemble” und “Verwirrspiel” richtig durch, so dass Alibi mit dem Gehalt einer leeren Packung Cornflakes daher kommt.
Über die Darsteller kann man kaum meckern. Steve Coogan führt eine Besetzungsliste an, in der Selma Blair, James Brolin, John Leguizamo, Henry Rollins und Deborah Kara Unger nur einige der Highlights bilden. Eine interessante Paarung stellen Rebecca Romijn als Rays neue Assistentin und James Marsden als sein Problemkunde dar - die beiden stehen sich derzeit auch in X-Men 3 gegenüber. Was aus dieser überdurchschnittlichen Liste gemacht wurde, steht jedoch auf einem anderen Blatt. Wo in Ocean´s Eleven scheinbar mühelos jedem Protagonisten die nötige Zeit für eine ordentliche Einführung gewidmet wurde, reiht Hawleys Drehbuch nur Szene an Szene. Und hier schlägt das Verwirrspiel zu, weshalb diese Aneinanderreihung gegen Ende zunehmend konfus und unglaubwürdig wird. Doch daran scheitert Alibi dann auch nicht mehr, denn sämtliche Figuren sind ohnehin so oberflächlich und abgehoben, dass echtes Mitfiebern beim Großteil des Publikums ausbleiben dürfte.
Was bleibt, ist ein 90-minütiges Demo-Reel, steril-professionell fotografiert und klasse besetzt, mit nerviger Musik unterlegt und völlig seelenlos.
Felix “Flex” Dencker