Frankreich, 2007 Kinostart: 31.07.2008 Originaltitel: 99 francs

Fass die Uhr nicht an!

Octave ist reich aber sexy. In seinem Job bei einer der bedeutendsten Werbeagenturen der Welt kreiert er Werbespots, die täglich Millionen Menschen in ihren Kaufentscheidungen manipulieren. Als er seine schwangere Freundin in die Wüste schickt und sein exzessiver Drogenkonsum seinen Realitätssinn beeinträchtigt, bekommt sein perfektes Leben Risse.

2001 gelang Frédéric Beigbeder, einem bis dahin erfolgreichen Werber bei einer bedeutenden Werbeagentur, mit seiner autobiographisch angehauchten Abrechnung mit der Werbebranche, 99 Francs, ein Welterfolg. Rückblickend verdankte sich dieser hauptsächlich der selbstreferentiellen Vermarktung des Skandalromans als Produkt des gegeißelten Kapitalismus - und nicht etwa der Qualität, denn literarisch konnte 99 Francs nirgendwohin vorstoßen, wo nicht Chuck Palahniuk mit Fight Club, Bret Easton Ellis mit American Psycho oder David Foster Wallace mit Girl with curious hair bereits Jahrzehnte zuvor gewesen waren. Entsprechend wirkt die Verfilmung, die nun noch einmal sieben Jahre später in die Kinos kommt, inhaltlich wie eine Reminiszenz an die Epoche, der 9/11 und der Zusammenbruch des neuen Marktes ein Ende setzten, formal aber wie ein blasse Kopie der immerhin zehn Jahre alten, genialen Fight Club-Verfilmung von David Fincher. Als “Fight Club des Joghurts” bezeichnet Regisseur Jan Kounen sein Werk und macht so deutlich, dass er sich vom übergroßen Vorbild nicht einmal lösen wollte. Nun ist gut geklaut bekanntermaßen besser als nichts, denn so wartet der Film immerhin mit dem auf den Punkt besetzten Hauptdarsteller Jean Dujardin und einigen netten selbstreferentiellen Spielereien auf - so sind Octaves Liebesszenen unterlegt mit dem Thema aus In the Mood for Love, Szenen im Inselparadies mit der entsprechenden Musik aus Der schmale Grad, um so auf den Inszenierungscharakter des Gezeigten zu verweisen. Gänzlich unsubtil sind dagegen andere Gimmicks geraten, die weniger vom Wagemut der Macher als von der Unfähigkeit, die Geschichte zu einem vernünftigen Ende zu bringen, zeugen. Zu spät, zu wenig, zu schlecht”, so könnte also der Slogan, Verzeihung: Claim für diesen Erdbeerjoghurt der Kapitalismuskritik lauten.

Sven Ole Leisure Lorence’ Lorenzen