Kinostart: 26.06.2008
Manchmal ist weniger mehr
Bei der 15jährigen Alex konnte sich die Natur nicht so recht entscheiden - sie ist sowohl Junge als auch Mädchen. Um den bohrenden Blicken der Leute zu entgehen, zogen ihre Eltern von Buenos Aires an die Küste, wo sie nun Besuch von einem Chirurgen und seiner Familie erwarten. Dieser soll den ungewünschten Muskel entfernen, doch Alex scheint nicht gewillt, sich diese Entscheidung aufdrängen zu lassen.
Ah, die sexuelle Identität - so viele Filmpreise und so wenig Zeit. Nachdem Filme über Homosexuelle im Laufe der Zeit bourgeouis geworden waren, war es am Thema Transsexualität, die Filmpreis-Jurys mit schonungsloser Offenheit und einem schmerzhaften aber doch hoffnungsvollen Blick auf die mangelnde Toleranz unserer verrohten Gesellschaft zu begeistern. Da ist es nur konsequent, dass auch Hermaphroditen endlich bei ein paar Festivals abräumen.
Regisseurin Lucía Puenzo macht auch tatsächlich alles richtig - für die erste dreiviertel Stunde. Die ruhigen, introspektiven Bilder bilden einen deutlichen Gegensatz zum aufgewühlten Innenleben der Hauptfigur, und Ines Efron gibt als Alex eine überzeugende Vorstellung ab.
Als Alex und Alvaro, der sexuell ebenfalls unsichere Sohn des Chirurgen ihr erstes Mal erleben, beginnt die Souveränität von Regie und Drehbuch zu wackeln. Einige völlig unpassende Plot-Elemente werden in die Handlung gequetscht, wie zum Beispiel ein absurder Dialog zwischen Alvaro und seinem Vater oder auch die obligatorische Vergewaltigung, und fügen sich nur holperig ins ruhige Drumherum ein. Als ebenso fatal erweist sich die gleichsam plumper werdende Bildregie, die in einem Moment unfreiwilliger Komik gipfelt, von dem sich Film nicht mehr erholt.
Bei einem halben Dutzend neuer Kinofilme jede Woche ist es fast unmöglich geworden, ein wirklich ungewöhnliches Werk zu schaffen, und eine unbequeme Thematik alleine reicht da nicht aus. Unter der Oberfläche der Geschichte schlummert eine interessante Auseinandersetzung mit den Konflikten zwischen Geschlechtern und Generationen, doch Xxy ist viel zu sehr auf seine platten Metaphern fixiert, um hier zu funktionieren.
Felix “Flex” Dencker