Australien, 2005
Kinostart: 13.07.2006
Broome, im Westen Australiens: Die beiden Rucksacktouristinnen Liz (Cassandra Magrath) und Kristy (Kestie Morassi) machen sich nach einem rauschenden Abschiedsfest gemeinsam mit dem Australier Ben (Nathan Philips) zu einem Autotrip quer durchs Outback auf. Das lebenslustige Trio versteht sich bestens, und nach einigen Tagen erreichen sie gutgelaunt den Wolf Creek Nationalpark. Nachdem sie die Wände eines Kraters bestiegen haben, der von einem Meteroiteneinschlag herrührt, machen sie es sich im Zentrum des Naturwunders gemütlich und Liz und Ben kommen sich sogar ein wenig näher. Als die Dämmerung hereinbricht, kehren sie zu ihrem klapprigen Ford Kombi zurück und müssen entsetzt feststellen, dass ihr Gefährt nicht mehr anspringt.
Doch mitten in der Nacht naht Hilfe: Mick, ein eigenbrödlerischer Hinterwäldler, bietet den jungen Leuten seine Hilfe an, ihren Truck abzuschleppen und das Auto zu reparieren. Erleichtert nehmen sie Micks Angebot an, doch als die Sonne aufgeht, bricht das blanke Grauen über die Freunde herein…
Horrorfans werden dieser Tage mit einer nicht enden wollenden Flut an Genreproduktionen bedient, die in ihrer Vielfalt von todlangweiligem Teenie-Stumpfsinn (Unbekannter Anrufer) bis hin zu großartigen neuen Gattungsmeilensteinen (The Descent) reichen. Wolf Creek schafft es mit Leichtigkeit, sich an die vorderste Front dieser neuen Gruselwelle zu reihen, was vor allem der klaren filmischen Vision von Greg McLean zu verdanken ist. Als Drehbuchautor, Regisseur und Produzent schuf der Australier mit einem Budget von einer Million Dollar einen Film, der unter die Haut geht.
Wenn man ein Adjektiv auswählen müsste, um Wolf Creek in seiner Machart zu charakterisieren, wäre es mit Sicherheit “effektiv”. Das Drehbuch überzeugt durch die Besinnung aufs Wesentliche: eine klare Erzählstruktur, ein abgeschiedener Handlungsort und wenige Charaktere. In einer langen, fast 50-minütigen Exposition gelingt es McLean, die drei Hauptpersonen vortrefflich als Sympathieträger zu etablieren. Die Dialoge wirken hierbei ebenso authentisch wie das erfrischend natürliche Spiel der Jungdarsteller, die dankenswerterweise völlig klischeefrei ein abenteuerlustiges und lebensfrohes Generationsbild abgeben. So erwartet den Zuseher also zunächst ein mit wunderschönen Naturaufnahmen versehenes Roadmovie, dem durch die überzeugende digitale Kameraarbeit von Will Gibson, der ausschließlich mit Hi-Definition-Equipment arbeitete, ein quasi-dokumentarischer Anstrich verliehen wird. Passend dazu wird dem Publikum mit Texttafeleinblendungen suggeriert, dass es sich um die
Nachstellung eines wahren Kriminalfalles handle. Zwar gibt und gab es im australischen Hinterland immer wieder bizarre Mordserien, man erinnere sich an den Rucksacktouristenkiller Ivan Milat oder die Snowtown-Serienkiller, doch verwendet McLean diese wahren Begebenheiten als bloße Inspirationsquelle für einen von Anfang an bewußt realistischen Stil. Auch die letzten dreißig Minuten, die von einer Mischung aus beinhartem Psychoterror und blutigen Gewaltausbrüchen geprägt sind, schlagen in dieselbe optische Kerbe: Wirklichkeitsnah werden dem Zuschauer klaustrophobische Anfälle, Angst- und Wutattacken, sowie todesnahe Erschöpfungszustände schmerzhaft glaubwürdig vermittelt. Dass auch das Ende entsprechend ernüchternd und fernab hollywood´scher Konventionen ausfällt, überrascht zwar kaum, erfreut in seiner Konsequenz jedoch umso mehr.
Wolf Creek ist unbestritten einer der würdigsten Genrevertreter der letzten Jahre und erinnert in seinen besten Momenten an Tobe Hoopers Klassiker The Texas Chainsaw Massacre.
Spannende, aufwühlende und harte Horrorkost, die sich Fans keinesfalls entgehen lassen sollten.
Michael “Eminence” Reisner