Kinostart: 01.03.2007
Berlin, 1945. Der Us-Kriegskorrespondent Jake Greismer (George Clooney) kehrt ins völlig zerbombte Berlin zurück, um über die bevorstehende Potsdamer Friedenskonferenz zu berichten. Stadt und Land sind ihm keineswegs unbekannt, war er doch einst der stellvertretende Leiter des örtlichen Nachrichtenbüros. Insgeheim hofft er, seine große Liebe von damals, die Deutsche Lena Brandt (Cate Blanchett), wiederzufinden.
Ausgerechnet Jakes Fahrer, der milchgesichtige Corporal Tully (Tobey Maguire), erfüllt dem Reporter unbeabsichtigt seinen größten Wunsch. Doch Lena hat sich verändert: Spürbar vom Krieg gezeichnet, arbeitet sie als Prostituierte, um über die Runden zu kommen. Der durch und durch korrupte Tully ist ihr bester Kunde und verspricht der spröden Schönheit, sie aus Berlin zu schaffen.
Wenig später wird der Jüngling mit 100.000 Mark in der Tasche ermordet in der russischen Zone aufgefunden. Da Jake auch um das Leben seiner Angebeteten fürchtet, beginnt er, Nachforschungen anzustellen. Schon bald ist er einer groß angelegten Intrige auf der Spur, die auch ihn in tödliche Gefahr bringt.
Steven Soderberghs The Good German ist die Verfilmung des Romans “In den Ruinen von Berlin” von Joseph Kanon und nimmt sich damit, wie zuletzt Brian De Palma mit Black Dahlia, des klassischen Film-Noirs an. Jedoch geht der vielseitige Regisseur mit seinem aktuellsten Werk noch einen beträchtlichen Schritt weiter, indem er ausschließlich auf die Kameratechnik der damaligen Zeit zurückgriff. Um dem Stil der Vorbilder aus den 40er Jahren so nahe als möglich zu kommen, wurde hauptsächlich mit nur einer Kamera und verhältnismäßig wenigen Einzeleinstellungen mit Schuss- und Gegenschussaufnahmen gearbeitet. Soderbergh setzt zumeist auf spezifische Master-Einstellungen, die den Großteil einer Szene abdecken. Ähnlich wie George Clooney bei Good Night, and Good Luck kreierte er die einzigartige Optik, indem er kontrastreiches Farbfilmmaterial verwendete, um es anschließend schwarzweiß zu kopieren. Das Ergebnis all dieser Bemühungen ist die stilistisch beeindruckende Fingerübung eines ambitionierten Filmemachers, die jedoch in keiner Sekunde mehr ist, als eine blasse Kopie großer Vorbilder.
Das schwerwiegendste Problem von The Good German ist das Drehbuch von Paul Attanasio, der mit Quiz Show und Donnie Brasco qualitativ hochwertige Arbeiten in seiner beruflichen Vita vorweisen kann. Die einfallslose Intrigengeschichte gerät nur deshalb recht schwer durchschaubar, weil sie unnötig kompliziert erzählt wird. Nach einer durchaus ansprechenden Exposition, die ein überzeugend agierender Tobey Maguire in ungewohnter Bösewichtsrolle trägt, verflacht die Kriminalgeschichte in äußerst träge Detektivarbeit, die immer wieder durch ständiges Einführen neuer, oftmals schlichtweg unwichtiger Figuren unterbrochen wird. Im Gegenzug dazu wird interessanteren Charakteren wie dem U.S.-Militärjuristen Bernie Teitel (Leland Orser) oder dem vorläufigen Militärgouverneur Berlins, Colonel Muller (Beau Bridges), viel zu wenig Aufmersamkeit geschenkt.
Darüber hinaus will sich auch die persönliche Beziehung zwischen den beiden Hauptprotagonisten nicht so recht entfalten. Dies liegt zum einen an dem erwähnt holprigen Skript und zum anderen an den Schauspielern selbst. Denn während George Clooney weder Charme noch Leinwandpräsenz ausstrahlt und das Publikum sehnlichst einen Humphrey Bogart herbeiwünschen lässt, schießt Cate Blanchett mit allzu bedeutungsschwangerer Mimik häufig übers Ziel hinaus. Im Zusammenspiel der beiden wähnt man sich in so mancher Szene in einer misslungenen, weil pointenlosen Parodie eines Genrevertreters von John Huston oder Orson Welles. Ein Kompliment ist hingegen dem schönen, klassischen Score Thomas Newmans auszusprechen, der für seine Arbeit mit einer Oscarnominierung belohnt wurde.
Fazit: The Good German kann als Film-Noir-Hommage leider nur visuell überzeugen und scheitert in all seiner Schönheit an inhaltlicher Fadesse und darstellerischem Unvermögen.
Michael “Eminence” Reisner