USA, 2006
Kinostart: 13.07.2006
Lost in Transmission
Es hat einen Grund, dass The Fast and the Furious: Tokyo Drift nicht einfach “The Fast and The Furious 3” genannt wurde: Der Film hat nicht im Entferntesten noch etwas mit den anderen beiden Teilen der Serie zu tun, sieht man mal von einem kleinen Gag am Rande ab, der hier nicht vorweg genommen werden soll und ohnehin schon zur Genüge im Internet kursiert. Offensichtlich soll die Reihe nun auf alle erdenklichen Geschichten ausgeweitet werden, in denen Autos gefahren werden. The Dukes and the Furious, wir kommen.
Held des dritten Teils ist der 23 Jahre alte Teenager Sean Boswell, der bei einem Autorennen gegen ein reiches Muttersöhnchen einen Unfall baut. Die logische Konsequenz: Er muss nach Japan zu seinem Vater ziehen. Dort legt er sich mit einem reichen Onkelsöhnchen an und zerschrottet bei einem weiteren Rennen ein weiteres Auto. Dieses gehört dem reichen Kumpel des reichen Onkelsöhnchens, ergo bringt dieser ihm erst einmal das Driften bei: Das Um-die-Kurve-fahren mit Rutschen.
Als dann noch die Freundin des Onkelsöhnchens ins Spiel kommt, wird´s persönlich.
“Immer weniger Dialoge und leider auch immer weniger halbnackte Mädels”, kann man die Entwicklung der schnellen und wütenden Filme zusammenfassen. Entsprechend leicht ist es auch zu bestimmen, ob man sich den Film ansehen sollte oder nicht. Wer sich beim Durchblättern des D&W-Kataloges die Autos ansieht, der wird die Kinokarte nicht bereuen. Die Rennszenen mögen erschreckend uninspiriert in Szene gesetzt sein, aber es gibt eine Menge schicke Autos zu sehen, schnelle Schnitte und laute Musik, die zwar penetranter daher kommt als ein Betrunkener in einer Tittenbar, aber zumindest noch ein wenig Rasanz vortäuschen kann.
Sobald die kurzen Handlungselemente einsetzen, um ein Rennen mit dem nächsten zu verbinden, wird es schmerzhaft. Als ob die Reise nach Japan nicht schon hanebüchen genug wäre, muss dann auch gleich noch die Yakuza bemüht werden, von dem offensichtlichen Hirnriss einmal abgesehen, einen Teenager zum Drift-As heranzuziehen, der nicht einmal aus einem Parkhaus kommt, ohne sein Auto zu halbieren.
Doch dass der Film in einer anderen Wirklichkeit angesiedelt ist, wird an vielerlei Stellen deutlich. Wenn die beiden Turteltäubchen die verschlungene Bergstraße entlang driften und einander zum sanften Raunen permanent quietschender Reifen süße Nichtse in die Ohren hauchen, muss man als Zuchauer schon ganz schön die Zähne zusammen beißen. Doch liest man sich auf MovieGod.de die Comments zum Film durch, scheint ein überbordender Sinn für die Realität nicht unbedingt die hervorstechendste Eigenschaft der angepeilten Klientel zu sein. The Fast and The Furious: Tokyo Drift befriedigt exakt sein Zielpublikum, nicht mehr und nicht weniger. Wer sich an kleinen japanischen Sportwagen erfreuen kann, die schnell durchs Bild huschen, der wird seine Freude haben. Der Rest wird das Kino schreiend verlassen, bevor Sean auch nur ein halbes Dutzend Autos auf dem Gewissen hat.
Felix “Flex” Dencker