Originaltitel: Stealth
USA, 2005
Künstliche Intelligenz gegen echte Dummheit
Lieutenant Ben Gannon (Josh Lucas), Lieutenant Kara Wade (Jessica Biel) und Lieutenant Henry Purcell (Jamie Foxx) sind die besten der Besten. Die absoluten Elitepiloten der US Navy fliegen eine Schwadron von hochmodernen “Talons”, Tarnkappenbombern mit schicken Klappflügeln. Sie sind zu dritt. Drei ist eine Primzahl, und Primzahlen bringen Glück. Daher sind sie gleich doppelt besorgt, als ihnen ihr Führungsoffizier, Captain Cummings (Sam Sheppard) einen noch neueren, unbemannten Tarnkappenbomber namens EDI an die Seite stellt - keine Angst, der Begriff “Primzahl” wird im Film ausführlich erklärt.
EDI, kurz für Extreme Deep Invader (kein Kommentar, zu einfach), macht sich gleich zu Beginn bei seinen Flügelmännern unbeliebt, denn er führt seine Angriffe ohne jede Rücksicht auf Verluste durch, so dass sich schonmal eine Wolke radioaktiven Staubes über einer kleinen tadjikischen Stadt niederlässt.
Als er auf dem Heimweg von einem weiteren “chirurgischen Eingriff” vom Blitz getroffen wird, gerät er vollends außer Kontrolle. Er läd sich raubkopierte Musikstücke aus dem Internet (“Welche?” - “Alle”), belauscht heimlich seine Vorgesetzten und führt sich überhaupt ganz eigenwillig auf. Doch Cummings, der mit der revolutionären Technik seine Karriere voranbringen will, lässt alle Warnungen außer Acht und gibt EDI für den nächsten Einsatz frei.
Stealth bietet eine Menge Raum für Spekulation. Es scheint schwer vorstellbar, dass ein Drehbuchautor wie W.D. Richter und ein Regisseur wie Rob Cohen an einem kreativen Strang ziehen könnten. Richter, dessen letztes Drehbuch 10 Jahre zurück liegt, schrieb seinerzeit den abgedrehten John Carpenter-Streifen Big Trouble in Little China und inszenierte den Kult-Klassiker The Adventures of Buckaroo Banzai Across the 8th Dimension, während Cohen mit The Fast and the Furious und xXx hart an seinem Ruf eines Michael Bay für Arme feilt. Bei zwei so unterschiedlichen Filmemachern wundert es nicht, dass das Ergebnis ein derart inkohärenter Wust geworden ist. Es fällt schwer, die Ironie zu übersehen, dass ein Film, der aus der Angst vor Technik heraus geboren wurde, wirkt als sei er von einer selbstprogrammierten K.I. geschrieben worden.
Dabei fängt es relativ vielversprechend an. Die Flugszenen mögen sich zwar den Gesetzen der Physik ebenso konsequent entziehen wie die Geschichte denen der Logik, doch sind sie wenigstens flott inszeniert und versprechen eine tumb-unterhaltsame Kombination aus Top Gun und Nummer 5 lebt.
Die seichte Telefonsex-Stimme der Talon-Bordcomputer ist dann aber doch ein erstes Alarmsignal. Und sobald EDI als enervierend ruhig sprechender H.A.L. 9000-Verschnitt eingeführt wird, stehen alle Lampen auf rot. Von Kubricks Odyssee im Weltraum zu klauen, ist ein beliebter Sport unter einfallslosen Blockbuster-Regisseuren, die kein Verständnis für die Wirkungsweise der Bedrohlichkeit H.A.L.s aufweisen und sich wundern, warum das Konzept bei schnell geschnittenen Filmen eher an Knight Rider als an das Evolutions-Epos erinnert. Stealth bedient sich jedoch weiter und baut gleich mehrere Elemente ein, die ebenso dreist wie unpassend übernommen wurden. Als Beispiel sei eine Szene erwähnt, in der EDI von den Lippen seiner Widersacher liest, was für die Handlung nicht nur unnötig ist, sondern auch noch unsauber in Szene gesetzt wurde.
Selbst hier könnte man noch ein Auge zudrücken. Auch Trash kann seinen Charme haben, solange er temporeich und optisch ansprechend bleibt. Leider verlangte die Navy, die den Film weitreichend unterstützte, mehr als ein paar Zeitlupenaufnahmen schicker Kriegsmaschinerie, nämlich eine Demonstration, dass man als Rekrut tatsächlich die Welt zu sehen bekommt. Und so kommt die Handlung - von der Action ganz zu schweigen - völlig zum Stillstand, als die Dreiertruppe sich eine Auszeit in Thailand nimmt. Ein bisschen Nabelschau, etwas Liebesschmonsens und ein wenig offene Werbung für diejenigen, die es immer noch nicht verstanden haben: “Das ist der coolste Job, den man haben kann.”
Von dort aus geht es weiter bergab. Geht der Blechmann erst mal allein auf Tour, fällt der Film völlig auseinander. Die Action bleibt routiniert, doch das Geschehen wird aufgeteilt in verschiedene Handlungsstränge, die sich gegenseitig den Wind aus den Segeln nehmen. Seien es Sam Sheppards Telefonate mit einem mysteriösen und uninteressanten Politiker, Richard Roxburghs Versuche, EDIs Wandlung auf die Spur zu kommen oder Jessica Biel, die sich nach einem haarsträubend inszenierten Absturz den Weg von Nord- nach Südkorea bahnt, die Handlung wird zäh, banal und schlichtweg langweilig.
Bei diesem Film allzu viele Worte über schauspielerische Leistungen zu verlieren wäre der Ironie zu viel, daher sei nur gesagt: Alle Darsteller füllen ihre klischeetriefenden Rollen perfekt aus, im positiven wie im negativen Sinne. Ob Jamie Foxx seine Sonnenbrille deshalb permanent trägt, um wenigstens in einer Hinsicht an seine Rolle in Ray zu erinnern, bleibt Mutmaßung.
Rob Cohen sucht weiter angestrengt nach der größtmöglichen Gurke. Mit Stealth ist er seinem Ziel einen gewaltigen Schritt näher gekommen. Einzig die zum Teil vergnüglichen Flugszenen stehen dem noch im Weg.
Felix Dencker