USA, 2006
Kinostart: 04.01.2007

So sicher wie das Christkind kommen am Jahresende die Oscar baits. Das sind Prestigeobjekte der großen Studios, die kurz vor Bewerbungsschluss für den Oscar in die Kinos gedrückt werden, damit sie den Juroren bei der Entscheidung möglichst frisch im Gedächtnis sind. Dieser Automatismus erhöht bei den Kritikern schon generell die Bereitschaft, das Werk mit Häme zu überschütten, wenn es misslingt.

Dieser Faktor mag zu der Lust beigetragen haben, mit der Sonys Spiel der Macht von den Kritikern mit ätzenden Verrissen bedacht wurde. Allzu deutlich scheint bei dem Film das Kalkül durch. Man nehme eines der Nationalheiligtümer, den Roman All the King’s Men von Robert Penn Warren aus dem Jahre 1946, dessen erste Verfilmung, Der Mann, der herrschen wollte, bereits 1949 den Oscar für den besten Film einheimsen konnte. Dazu verschaffe man sich einen eingängigen Soundtrack vom bewährten Kleisterrührer James Horner, investiere das üppige Budget in aufwendige Ausstattung und schmucke Kameraführung und verteile die Rollen an eine erlesene Darstellerriege in der Größe eines Fußballkaders. Irgendwo werden die Oscars schon rauspurzeln.
Der Teufel liegt dabei im Detail, wie die Entscheidung eine der beiden Hauptrollen in diesem Südstaatenepos über Aufstieg und Fall eines populären Gouverneurs dem Briten Jude Law zu geben, der dem Dialekt natürlich nur begrenzt gewachsen ist. Abgesehen von solchen Oberflächlichkeiten hat der Film ein ernsthaftes Problem und gibt ein Lehrbuchbeispiel dafür ab, wie man Literaturverfilmung nicht machen sollte: So viele schöne Szenen aus dem Buch wie möglich umsetzen und dann lose mittels eines Off-Kommentars miteinander verbinden.

Das hat zwar durchaus seine Qualitäten, weil die Schauwerte, die Kamera, die Ausstattung, die Musik, Laws schöne Stimme einen einlullenden Effekt haben und den Zuschauer auf einen zweieinhalb Stunden langen Trip mitnehmen. Für ein sich Umspülenlassen ist der Film optimal. Doch die Geschichte, um die es eigentlich geht, bleibt einem dabei seltsam fern.
Ein Roman kann es sich erlauben, einen komplexen Erzähler zu haben und gleichzeitig mehrere Figuren gründlich auszuleuchten. In Spiel der Macht sieht man hingegen, was passiert, wenn man diese Konstruktion eins zu eins auf einen Film zu übertragen versucht. Der Film zerfällt in zwei Teile, zum einen den Aufstieg des Vertreters Willie Stark zum mächtigsten Mann des Staates und zum anderen die Geschichte des Erzählers Jack Burden, der dem dekadenten Südstaatenadel entstammt und dem Demagogen aus dem Volke derartig verfällt, dass er ihm alles opfert.
Die Folge ist, dass Stark in einigen Momentaufnahmen auf seinem Weg gezeigt wird, die zwar neugierig auf seinen ambivalenten Charakter machen, man aber eben diesen Aufstieg eigentlich gar nicht mitbekommt. Darüber hinaus werden auch andere wichtige Figuren sträflich vernachlässigt. Beim Kate-Winslet-Part mag das noch angehen, da sie lediglich eine Projektionsfläche für Burdens Sehnsucht darstellt.
Doch die wichtige Figur Adam (Mark Ruffalo) wird darauf beschränkt, in einigen Szenen verträumt auf dem Klavier zu klimpern, während die Stimme aus dem Off erzählt, er sei ein idealistischer Arzt. Dieses Arbeiten mit den Mitteln des Erzählens und nicht des Zeigens legt Zeugnis davon ab, wie sehr Regisseur und Drehbuchautor Steven Zaillian in Anbetracht des sakrosanten Vorbilds die Stärken des eigenen Mediums vergisst.
So verwundert auch nicht, dass die Verfilmung eines Buches, das die Zusammenhänge von Politik, Korruption, Kompromissen und gescheiterten Idealen an Starks Beispiel exemplarisch entrollt, vor diesen Zusammenhängen wie vernagelt steht, vor der komplexen Kausalität kapituliert und stattdessen nur hübsche Bilder anbietet.

Sicher hat der Film nicht die Häme verdient, die auf ihn niederprasselt. Aber es handelt sich auch ganz nüchtern gesagt einfach um keinen guten Film.

Sven Ole Leisure Lorence Lorenzen