Originaltitel: Talladega Nights - The Ballad of Ricky Bobby
USA, 2006
Kinostart: 12.10.2006
Jetzt tanzt der Matador mit dem fliegenden Schuhmacher
Ricky Bobby wollte schon als kleiner Junge nur eines: Gas geben.
Nun ist er der König der Nascar-Rennserie, Dank seines guten Kumpels Cal Naughton, Jr., der sich ihm zuliebe stets mit dem zweiten Platz begnügt.
Die verdiente Läuterung erfolgt in Form eines französischen Formel-1-Fahrers, der Ricky erst einmal an die Bande schickt. Als er im Krankenhaus aufwacht, scheint nicht nur sein Titel, sondern auch sein Selbstbewusstsein verloren. Eines Tages taucht aus heiterem Himmel Rickys verschollener Vater auf und bleut ihm wieder ein Gefühl für die Straße ein. Die lange, harte Rückkehr zurück an die Spitze beginnt.
Will Ferrell als einfältiger, aber gutherziger amerikanischer Held, und Sacha Baron Cohen als dessen Widersacher: ein hochnäsiger und, wie könnte es anders sein, schwuler Franzose.
Gott steh uns bei.
Alle 76 Jahre zieht der Halleysche Komet an der Erde vorbei und sorgt für Faszination bei Fachleuten und gemeinem Volk zugleich. Eine ähnliche Zeitspanne scheint es her dass ein anderes Phänomen unserem blauen Planeten die Ehre erwies: Eine positive Überraschung im amerikanischen Mainstreamkino.
Mit Ricky Bobby - König der Rennfahrer ist es nun wieder so weit. Was im Trailer noch wie ein - wenn auch sehr witziges - Fegefeuer der Trivialitäten aussah, angereichert mit der Homo- und Xenophobie, für die wir unsere amerikanischen Freunde doch so lieben, entpuppt sich als überraschend intelligenter Appell für Offenheit und Toleranz.
Die Inszenierung durch Adam McKay, der mit Ferrell zusammen auch das Drehbuch schrieb, gestaltet sich ungleich solider als beim wesentlich durchwachseneren Anchorman, dem letzten gemeinsamen Film der beiden. Die Figuren sind durch die Bank zum Verlieben, vielleicht mit Ausnahme von Rickys Frau, die dafür aber wenigstens atemberaubend aussieht.
Will Ferrell ist in der Rolle des Hillbillys wie immer pures Gold. Er stürzt sich ohne Rücksicht auf Verluste auch in die unangenehmeren Charaktereigenschaften des grotesk egomanischen Ricky, mit dem Ergebnis, dass man ihm nicht im Geringsten böse sein kann.
Sacha Baron Cohen brilliert in der Rolle des Franzosen, dessen Akzent die Kinokarte schon fast im Alleingang wert ist, ebenso wie Gary Cole als Rickys Vater, der sich von seinem zehnjährigen Sohn mit einem “Wir sehen uns, wenn Du erwachsen bist” verabschiedet.
Die Nebenrollen sind durchgehend mit hochklassigen Darstellern besetzt, an vorderster Front John C. Reilly, Michael Clarke Duncan und nicht zuletzt Amy Adams, die Ricky mit einem zum Schreien komischen und gleichzeitig auch ein bisschen bewegenden Monolog wieder auf die richtige Spur bringen darf.
Die Rennszenen sind nicht unbedingt aufregend inszeniert - machen wir uns nichts vor, die Leute fahren 800 Kilometer lang im Kreis - doch die Nascar-Atmosphäre wird gut auf die Leinwand gebracht. Es gibt eigentlich nur eine Sache, die man dem Film guten Gewissens ankreiden kann: Die Produktwerbung ist allgegenwärtiger als bei Minority Report und Die Insel zusammen. Spätestens wenn Ricky die Firma Powerade in sein Tischgebet einbezieht, weil er vertraglich dazu verpflichtet wurde, wird sich zeigen, wer das Ganze mit Humor nehmen kann und wer nicht.
Bevor jedoch irgendjemand Zweifel bekommt, der einfach nur eine spaßige Komödie sehen will, lasst mich eins klarstellen: Ich habe schon lange nicht mehr so gelacht.
Von Girard, der während des Rennens Camus´ Der Fremde liest, über Rickys Obsession mit Baby Jesus bis hin zu seiner Rehabilitation mit Drogen unterm und einem Puma im Auto - ich möchte nicht einmal spekulieren, wie unbeschadet der Film die deutsche Synchronisation übersteht, doch die schiere Menge an gelungenen Gags sollte auch in der lokalisierten Fassung einen gelungenen Kinoabend sicherstellen.
Felix “Flex” Dencker