Deutschland, 2007

Berlin, Kreuzberg. Die Freundinnen Klara, Tanutscha und Mina sind fünfzehn, kennen sich seit ihrer Kindheit und beginnen nun, getrennte Wege zu gehen. Klara bricht die Schule ab, Mina verbringt mehr Zeit mit ihrem Freund George und Tanutscha sucht die Unabhängigkeit von ihrer Mutter. Bettina Blümners Dokumentation Prinzessinnenbad begleitet die drei für ein Jahr auf ihrem Weg, leuchtet in Interviews das Leben der Mädchen aus und wirft dabei Fragen auf, deren Beantwortung einzig und allein beim Zuschauer liegt.

Urbanität ist das Thema, auch visuell: Bettina Blümner zeigt hohe Häuser, riesige Wohnsiedlungen, montiert sie mit Straßen, Bahnen, Bushaltestellen, unterlegt diese Szenen mit Hip Hop verschiedenster Arten, Sprachen und kultureller Prägungen. Inmitten der Großstadt, ihrer Atmosphäre und Dynamik greift sie sich drei Bewohner heraus, exemplarisch, doch im Verlauf des Films extrem persönlich. Blümner fragt die drei fünfzehnjährigen Mädchen nach ihren Träumen und Zielen an einem Ort, der durch seine Geschichte deutschlandweit bekannt wurde und heute als Melting Pot der Hauptstadt gilt.
Regisseurin Bettina Blümner verfolgt den Alltag der Mädchen und stößt dabei auf viele problematische Themenbereiche: Familie, Freunde, Schule, Drogen. Prinzessinnenbad urteilt dabei nicht, Blümners Regie und Montage verfolgen kein argumentatives Ziel und wollen keinen Standpunkt beweisen. Prinzessinnenbad will Verhältnisse zeigen, nicht aufzeigen. Es geht nicht darum, erbost den Zeigefinger zu erheben, wenn Fünfzehnjährige Kette rauchen und über ihre Drogenerfahrung sprechen. Es ist kein Fingerzeig in Richtung verkommene Jugend”, viel mehr der Gegenentwurf: Es geht um einen Blick in die Seelen, einen Blick hinter das Klischee.

Thematisiert werden dazu auch die Familien der Mädchen, die alle bei ihren Müttern aufwuchsen und mit ungewohnten Situationen zurechtkommen müssen. Zwischen der Abwesenheit einer Vaterfigur, Einsamkeit, und der Suche nach einem Zuhause. Fragen drängen sich auf, nach Verantwortung, nach Normalität. Herausgearbeitet wird hier auch die Unterschiedlichkeit der drei: Der Wunsch nach Unabhängigkeit bei Tanutscha und Klara, die Suche nach Glück mit ihrem Freund bei Mina. Zutage kommt ein bemerkenswertes Portrait dreier Mädchen, zwischen Frühreife und kindlicher Verletzbarkeit, zwischen Selbstbewusstsein, Stolz und totaler Unsicherheit im fortschreitenden Prozess des Erwachsenwerdens. Stets im Hintergrund Tanutschas programmatischer Auspruch: Ich komm’ aus Kreuzberg, du Muschi.”

Prinzessinnenbad ist eine großartige Dokumentation. Einfühlsam und authentisch, differenziert und mit Tiefgang. Obendrein filmisch gelungen in Szene gesetzt. Ansehen!

Christian Simon