Originaltitel: The Prestige
USA/GB 2006
Kinostart: 04.01.2007
Alfred Borden (Christian Bale) und Robert Angier (Hugh Jackman) wollen im London des ausgehenden 19. Jahrhunderts Karriere als Magier machen. Dazu bedarf es aber harter Arbeit und Konzentration. Als bei einer Show des routinierten Zauberers Milton (Ricky Jay) als Assistenten arbeiten, führt eine Unaufmerksamkeit des leichtsinnigen Borden zu einem Unglück, das die beiden Kollegen zu Rivalen macht. Während Borden ohne jeden Charme das Publikum abstößt, verführt der talentierte Showman Angier die Menge. Doch keiner will dem anderen einen Triumph gönnen und so sabotieren sich die beiden immer wieder, bis die Rivalität eskaliert und zum offenen Machtkampf ausartet.
Die Beobachtung der Arbeit eines Magiers trägt in sich selbst etwas geheimnisvolles, schließlich steckt hinter der Absicht des Beobachters auch der Wunsch, hinter das Geheimnis des Magiers zu gelangen. George Mélies entsprang seinerzeit der Zauberbühne und verstand die Ende des 19. Jahrhunderts aufkommende Filmtechnik als Mittel zum Zweck. Diesem schwebten neue Zaubertricks und auf Zelluloid gebannte Illusionen vor. Wie kein anderer zuvor nutzte der Franzose die Kamera, um damit die Menschen zu verzaubern. Bevor er sich allerdings ans Werk machen konnte, lag es an einem anderen “Zauberkünstler”, der die Filmkamera bis zur Perfektion verfeinerte: Thomas A. Edison. Dieses amerikanische Universalgenie tritt auch in Christopher Nolans Prestige - Die Meister der Magie auf, wenngleich in einer anderen Form als jener des glänzenden Genies.
Im Roman von Christopher Priest - der diesem Film zugrunde liegt - sind es Tagebucheinträge der beiden Magier Angier und Borden, die von ihrem Leben und der Rivalität berichten. Das Drehbuch von Jonathan und Christopher Nolan bedient sich dieser Einträge, jedoch nur, um die ständig auftretenden Wechsel zwischen Vergangenheit und Gegenwart miteinander zu verbinden. Prestige - Die Meister der Magie ist in drei Akte aufgeteilt, die auch der Aufteilung eines - im Film beschriebenen - Zaubertricks gleichen: Versprechen, Wendung, Prestige. Vergleichbar mit Anfang, Mittelteil, Schluss.
Das Versprechen erfolgt bei Nolan in Form der Darstellung der Vergangenheit und dem zuvor beschriebenen Unglück, das die beiden Männer entzweit. Womit wir zur Wendung kommen, in der ein wichtiger und schillernder Charakter seinen Auftritt “feiert”: Nikola Tesla, dargestellt von einem mit stets skeptischem Blick durch die Szenerie schwebenden David Bowie. Tesla ist der einzige nicht-fiktive auf der Leinwand sichtbare Charakter, der in diesem magischen Thriller die Leinwand betritt, wenngleich er mit dem realen Erfinder und Visionär wenig gemein hat. Sein Charakter wird zum skurrilen und eigenbrötlerischen Techniker verfremdet, dessen Erfindungen ihm selbst Angst einflößen. Am Rande erwähnt wird dabei die - reale - Auseinandersetzung und Konkurrenz, die Tesla mit seinem einstigen Arbeitgeber Edison hegte und pflegte, wobei dieser selbst nie auftritt, sondern nur vertreten durch einen Schlägertrupp, der die Drecksarbeit für ihn übernimmt.
Es sind diese eingestreuten Konflikte und Details, die Christopher Nolans neuestes Werk wirklich herausragend machen. Dem Lokalkolorit Londons sowie der stimmungsvollen Atmosphäre bei den aufwändigen Bühnenshows der Zauberer widmet sich Nolan mit Hingabe. In den dunklen Innenräumen sowie den schmutzigen Straßen erwacht das viktorianische England zum Leben, und so kann Prestige - Die Meister der Magie auch ohne weiteres mit Elementen der Science-Fiction und Fantasy hantieren, ohne an Glaubwürdigkeit zu verlieren. So wie sich Angier und Borden gegenseitig in den Straßen von London hinterherschleichen, werden Erinnerungen an einen anderen Film wach, der mit Detailtreue und Raffinesse das ausgehende 19. Jahrhundert porträtierte: Bram Stoker’s Dracula.
Doch in der Darstellung Londons enden die Gemeinsamkeiten. Prestige - Die Meister der Magie stützt sich auf eine verschachtelte Inszenierung, in der die Gründe für die eskalierende Rivalität von Robert Angier und Alfred Borden zu Tage treten und ganz nebenbei sowohl die Welt der Magier des 19. Jahrhunderts als auch die Welt im Anbruch zu einer neuen Zeit dargestellt werden. Dies alles noch dazu in einem spannenden Thriller einzubauen, der auch noch Charaktere mit Ecken und Kanten, vor allem aber dunklen Geheimnissen, entwirft. Die Grenze zwischen Gut und Böse verwischt unter Nolans Regie immer wieder und während das Publikum gespannt auf die Auflösung wartet, kann es sich an den hervorragenden Darstellern satt sehen. Das Staraufgebot von Hugh Jackman über Christian Bale bis Michael Caine und David Bowie, sowie in kleineren Rollen mit Andy Serkis und Scarlett Johansson ist eine Augenweide und vermag zu fesseln.
Da verzeiht man einen etwas schleppenden zweiten Akt, der scheinbar nie ans Ziel gelangen will.
Prestige - Die Meister der Magie ist mit souveräner Hand inszeniertes und ruhig vorgetragenes Entertainment mit Hirn.
Patrick Dorner