Originaltitel: In the Valley of Elah
USA, 2007
Kinostart: 06.03.2008

Snafu

Haggis ist die bekannteste Spezialität der schottischen Küche. Es besteht aus dem Magen eines Schafes, gefüllt mit Leber, Lunge, Herz, Zwiebeln, Hafermehl und, last but not least, Nierenfett, ebenfalls vom Schaf. Angesichts dieser Zutatenliste ist Im Tal von Elah noch überraschend bekömmlich ausgefallen. Der neue Film von Paul Haggis erscheint auf den ersten Blick wie das völlige Gegenteil seines Durchbruchwerks L.A. Crash. Wo jener laut war, ist Elah leise. Wo Crash möglichst viele Handlungsstränge gleichzeitig erzählte, dreht sich Elah nur um eins: die Suche eines Mannes nach der Wahrheit.
Tommy Lee Jones spielt den Vietnam-Veteran Hank Deerfield, der eines Tages einen Anruf von der Army erhält. Sein Sohn Mike, gerade aus dem Irak zurückgekehrt, wird vermisst. Deerfield, der seinerzeit bei der Militärpolizei tätig war, macht sich daran, seinen Sohn zu finden. Dabei pfuscht er nicht nur Polizei und Armee in die Ermittlungen, sondern deckt auch Dinge auf, die seinen ehernen Glauben an sein Land - und an seine Familie - in den Grundfesten erschüttern.

Haggis zuzubereiten, dauert etwa fünf Stunden, was auch der gefühlten Länge des Films nahe kommt. Zu sagen, der Film sei ruhig, ist in etwa so, als würde man Kutteln als eklig” betiteln - es trifft den Kern, beschreibt jedoch nicht das volle Ausmaß. Gegen Tommy Lee Jones’ Vorstellung hier wirkt Ed Tom Bell, dem Jones in No Country For Old Men sein Gesicht lieh, wie Speedy Gonzalez mit Rückenwind. Das ändert allerdings nichts an der Autorität, die er wie gewohnt ausstrahlt. Auch die betont schlicht zurecht gemachte Charlize Theron spielt ihre Rolle der etwas zu hollywood’schen, harten Polizistin glaubwürdig, überstrahlt jedoch zu keiner Zeit die Ein-Mann-Show, die der charismatische Jones abliefert. Die effektivsten Szenen des Films sind entsprechend die - zahlreichen - in denen Regisseur Haggis seine Darsteller unbehelligt agieren lässt. So entspinnt sich für eine Weile die nicht unbedingt spannende, aber emotional doch packende Geschichte eines idealistischen jungen Mannes, der zwischen Vaterlandstreue und moralischen Werten den Boden unter den Füßen verlor und darüber zerbrach.

Wo sich jedoch die Handschrift des Crash-Machers allzu offen zeigt, ist die grobe Kelle, mit der die Moral aufgetischt wird. Selbst das den Film umspannende Element der verkehrt herum aufgehängten Flagge wird im Rennen um das platteste Stilelement von der Musik im Staub zurück gelassen. Diese ist den ganzen Film über kaum wahrzunehmen - ich könnte nicht beschwören, dass überhaupt welche vorkam - bis zum Finale, bei dem Annie-Lennox-Imitatorin Bird York das Stück House is Falling Down” anstimmt und die feinköpfige Stecknadel der Moral mit dem Vorschlaghammer ins Publikum donnert.

Wer das nötige, nicht unbeträchtliche Maß an Geduld mitbringt und über den Mangel an Subtilität hinwegsehen kann, bekommt mit Im Tal von Elah eine überwiegend gefühlvoll erzählte und mit guten Darstellern garnierte Geschichte serviert, deren völlig verkitschtes Ende jedoch einen bitteren Nachgeschmack hinterlässt.

Felix Flex” Dencker