USA, 2013
Kinostart: 27.03.2014
Oh, wie selten sind sie, die authentischen Romanzen. Die sich anfühlen, als seien sie von Autoren geschrieben, die tatsächlich schon einmal verliebt waren. Die tatsächlich schon einmal den Schmerz erlebt haben, wie sich zwei Menschen, die einander so innig lieben, langsam auseinanderleben. Wie ist es möglich, dass der erste überzeugende Vertreter des Genres seit Jahren ausgerechnet ein Science-Fiction-Film ist?
In Spike Jonze’ her spielt Joaquin Phoenix einen Mann, der sich in ein Betriebssystem verliebt.
Nach einer schweren Trennung von der Liebe seines Lebens kämpft Theodore, der sein Geld damit verdient, für andere Leute romantische Briefe zu schreiben, damit, selbst jemand neues kennenzulernen. Und wenn er eine neue Frau kennenlernt, tut er sich schwer, sie an sich heranzulassen.
An diesem Tiefpunkt erfährt er von Os One, einem lernfähigen, intelligenten Betriebssystem, das sich auf die Bedürfnisse seines Benutzers einstellt und mit der samtigen Stimme von Scarlett Johansson spricht.
Es dauert nicht lange, und die beiden entwickeln Gefühle für einander.
her kommt im Gewand eines futuristischen “Was wäre, wenn?”-Gedankenspiels daher, doch der zentrale Punkt ist nicht die Technologie oder das Kuriosum eines Menschen, der sich in eine Software verliebt.
Es ist die Geschichte eines einsamen und verletzten Mannes, der wieder lernt, sich emotional zu öffnen. Dass die körperlose Stimme, die ihm dabei hilft, computergeneriert ist, ist vergleichsweise irrelevant. Theodore könnte genauso gut einer entfernt lebenden Freundin Briefe schreiben, der Plot wäre in etwa der gleiche.
Nichtsdestotrotz ist es schön, einen Film zu sehen, der sich traut, seinen Protagonisten das Glück außerhalb der gewohnten, gesellschaftlich akzeptierten Pfade finden zu lassen. Selbst Craig Gillespies Lars und die Frauen, der mit einer ähnlichen Prämisse beginnt, findet nicht ohne Rückkehr zu einem traditionellen Beziehungsbild zu seinem Happy End. Jonze widersetzt sich diesen Zwängen ähnlich entspannt wie dem Drang, die Zukunft betont futuristisch darzustellen. Die Welt, in der her spielt, ist vor allem deshalb so glaubhaft, da sie sich von unserer so wenig unterscheidet. Anstatt silberner Anzüge und wilder Frisuren tragen die Menschen Zusammenstellungen aus vergangenen Jahrzehnten - Ironiefrei getragene Schnurrbärte, Hemden mit Stehkragen und bauchnabelhohe Hosen geben den Ton an und werfen die Frage auf, was für ein Film daraus geworden wäre, wenn ein Giovanni Ribisi die Hauptrolle übernommen hätte.
Doch Phoenix und Jonze positionieren Theodore nicht als skurrile Figur mit Sundance-kompatiblen Macken am Rande der Gesellschaft, sondern als normalen Menschen mit normalem Sozialleben, der eine emotional turbulente Zeit erlebt und nachvollziehbar darauf reagiert.
Jonze’ Drehbuch und Regie geraten ebenso subtil und einfühlsam wie Phoenix’ Darstellung und zeigen eine Welt, in der es immer schwieriger wird, bedeutende Verbindungen zueinander aufzubauen.
Das mag heute nicht viel anders sein, aber das ist ja irgendwie auch der Punkt.
Felix “Flex” Dencker