USA, 2008
Kinostart: 05.02.2009
President Evil
Ron Howards Frost/Nixon kommt eigentlich zu spät. Richard Nixon war in der amerikanischen Politgeschichte 30 Jahre lang das Sinnbild des Lügners und verhasst wegen seiner langen Weigerung, seine Fehler einzugestehen. Nach acht Jahren Bush/Cheney erscheint Nixon wie ein eher gemäßigter Staatsmann, dessen Invasion Kambodschas im Vergleich zu Afghanistan und Irak durchdacht und erfolgreich ablief.
Ungeachtet dessen erzählt der Film von einem bedeutenden Moment in der Polit- wie auch der Mediengeschichte, und Drehbuchautor Peter Morgan ist mit der Adaption seines eigenen Theaterstücks nach Der letzte König von Schottland und Die Queen einmal mehr ein Glanzstück gelungen. Michael Sheen und Frank Langella spielen die Rollen, die sie schon im Theaterstück verkörperten. Sheen, der in Die Queen einen Glanzauftritt als Tony Blair hatte, kann auch den britischen Showmaster David Frost - heute Sir David Frost - mit Leben füllen. Frosts Karriere schielte bereits in Richtung Abstellgleis, als er alles auf eine Karte setzte und seinen Ruf und sein Geld für das Interview aufs Spiel setzte. Nixon, von Langella herrlich klischeefrei und dennoch treffend verkörpert, nahm das Angebot nicht nur wegen der beträchtlichen 600.000 Dollar Gage an. Für den redegewandten alten Hasen schien der windige Frost ein allzu leichtes Ziel, um seinen Namen rein zu waschen und vom Volk
die Begnadigung zu erhalten, die sein Amtsnachfolger Gerald Ford ihm drei Jahre zuvor unter größten Protesten von Medien und Öffentlichkeit verliehen hatte.
Morgan selbst beschrieb das Projekt als “eine Art intellektueller Rocky”, und das ist in mehrfacher Hinsicht treffend. Zum einen ist es ein verbaler Schlagabtausch zwischen einem vermeintlichen Emporkömmling und einem abgewrackten Champion, selbst der Kampfverlauf ist ähnlich. Vor allem aber ist das eigentliche Duell seiner Schauwerte zum Trotz weniger bedeutend als das Geschehen hinter den Kulissen.
Und das ist erstaunlich unterhaltsam geraten. Morgan reichert die wahre Geschichte mit ein bisschen Dramatik an, wodurch die Grenzen zwischen Fakt und Fiktion gelegentlich ins Schwimmen geraten. Wer sich daran stört, kann die Originalfassung des Interviews als Import-Dvd erwerben. Toleranz für kleine Hinzudichtungen vorausgesetzt, bietet Frost/Nixon überaus packendes Erzählkino.
Ron Howard ist ein kleiner Geniestreich gelungen. Frost/Nixon ist ein zweistündiger Film über ein Gespräch, das zudem seine Halbwertszeit längst überschritten haben sollte. Doch durch Howards routinierte, zurückhaltende Regie, Morgans informiertes Drehbuch und natürlich die tollen Vorstellungen der beiden Haupt- und auch sämtlicher Nebendarsteller ergibt sich einer der packendsten Filme der letzten Zeit und vielleicht der beste in Howards Karriere.
Felix “Flex” Dencker