USA, 2009
Kinostart: 11.06.2009
Krieg der Knöpfe
Sam Raimi ist wieder da. Und zwar da, wo er Anfang der 1990er Jahre war. Das Universal-Logo im Retro-Look ist kein Zufall, denn nachdem Raimi fast ein Jahrzehnt mit den ganz eigenen Restriktionen des Big-Budget-Systems zu kämpfen hatte, wirkt dieser trashige Horrorspaß wie ein Befreiungsschlag.
Eine Bankangestellte verweigert einer alten Frau eine Kreditverlängerung, um bei ihrem Chef besser dazustehen. Die Alte belegt sie daraufhin mit dem Fluch des Lamia, einem Dämon, der sie drei Tage lang malträtieren und anschließend direkt in die Hölle hinabzerren wird.
Bevor jetzt jemand einwendet, dies sei eher eine befriedigende als eine Grauen erregende Vorstellung: die Bankangestellte wird gespielt von der bezaubernden Alison Lohman und hatte doch keine andere Wahl. Gemeinsam mit Freund Justin Long und Hellseher Dileep Rao versucht sie, den Fluch loszuwerden.
Warum der Verleih den Film als ‘geradlinigen Horrorthriller’ vermarktet, mag der geneigte Leser deuten, wie er will. Drag Me To Hell steht mehr in der Tradition des Grand Guignol als der spannungsgeladener Gruselstreifen. Raimi inszeniert das makabere Treiben mit viel Augenzwinkern, von der ekligen alten Furie über die comichafte Silhouette des Lamia bis hin zu den überzogenen Makeup-Effekten aus der Hand von Greg Nicotero und Howard Berger. Diese beiden stehen seit jeher mehr für Masse als für Klasse, und vereinzelt sehen die Tricks entsprechend aus wie in der Geisterbahn vom Phantasialand. Doch das gehört natürlich zum trashigen Charme, den der Film trotz seines gesunden Budgets versprüht, und Lohman dürfte die erste Heldin eines Studiofilms sein, die Gefahr läuft, am Hustenschleim einer Anderen zu ersticken.
Ein Horrorfilm ohne Vergewaltigungen oder genüssliches Zersägen von Körperteilen - die jugendfreundliche Altersfreigabe, die Drag Me To Hell in den USA erhielt, ist durch den Folterpornotrend der letzten Jahre mehr Versprechen als Warnung geworden. Er bietet zwar weder an Handlung noch an überraschenden Wendungen mehr als eine durchschnittliche Episode von Masters of Horror, doch mit seiner cleveren Inszenierung und Schauspielern, die diese Bezeichnung auch verdienen, ist er der erste wirklich unterhaltsame Genrevertreter seit langem.
Felix “Flex” Dencker