Originaltitel: Date Night
USA 2010
Start Kinostart: 15.04.2010
Ganz früher mal, da hat das Kino den Freaks gehört, den Ausgestoßenen zunächst, dann den Proletarien der Großstädte und später immerhin den jungen Pärchen. Die Dunkelheit der Säle, die Anonymität, die betäubende Größe der Leinwand, das versprach eine zeitlich und räumlich begrenzte Gegenwelt, die zu einer realen Möglichkeitswelt wurde. Sicher, das Kino hat nicht nur den unzähligen ersten Küssen gehört, der schüchternen Annäherung und dem billigen Schlaf, sondern auch immer wieder Familien und Kindern, Senioren und Intellektuellen, Künstlern und Kassemachern oder gar Jospeh Goebbels. Da sollte man gar nicht allzu nostalgisch werden. Aber bitte: Dass das Kino einmal den Pärchen um die 40 gehören würde — da rotiert es doch nicht nur in den Gräbern der Lumières. Horcht mal hin, wenn ihr demnächst mal in die Verlegenheit kommen solltet, eine Karte für den Kautions-Cop kaufen zu wollen — oder eben für Date Night — Gangster für eine Nacht.
Wobei letzteres ja durchaus nachvollziehbar ist. Tina Fey, die hier die Mutter, Ehefrau und Maklerin Claire Foster aus den New Yorker Suburbs gibt, wurde spätestens mit ihrer brillanten Sarah-Palin-Parodie im Us-Wahlkampf 2008 international bekannt. Die von ihr konzipierte Serie 30 Rock, bei der Fey auch die Hauptrolle übernahm, verbindet ebenfalls breite Beliebtheit mit tatsächlich subversivem, wahnwitzigem Humor. Von ihrem Filmpartner Steve Carell lässt sich immerhin behaupten, einen auf dem Papier grundschlimmen Film wie Jungfrau (40), männlich sucht… irgendwie gerettet zu haben — die Konstellation verspricht also durchaus einiges, zumal Regisseur Shawn Levy mit Werken wie Der rosarote Panther und Nachts im Museum zeigte, dass er von der Liga der Großen zwar weit entfernt ist, aber solide Drehbücher auch solide und nicht unamüsant umsetzen kann.
Date Night entwickelte sich aus einer Grundidee des Regisseurs, die durchaus autobiographisch zu lesen ist — denn der Filmtitel bezeichnet ein Konzept, das vielen verheirateten Paaren kurz vor der Midlife-Crisis nicht fremd zu sein scheint: einmal in der Woche gemeinsam ausgehen, in der Hoffnung, das Feuer des ersten Kennenlernens für einen kurzen Moment aufflackern zu sehen, das zwischen Kindern und Arbeitsalltag längst erloschen ist. Auch Phil und Claire Foster stecken tief in diesem Sumpf, als sie sich entschließen, vielleicht dieses eine Mal etwas anders zu machen — nicht viel, nur ein kleines bisschen. Nämlich einmal nicht im Stammlokal essen, sondern im angesagtesten Restaurant von New York City. Einmal vielleicht nicht genügsam sein, sondern mit ein paar Tricks und ein bisschen Ellenbogen dort dann tatsächlich einen Tisch ermogeln — das wäre doch etwas! Dass sie sich kurz darauf als vermeintliches Gangsterpärchen auf der Flucht vor lausigen Mafiosi und korrupten Bullen befinden werden, können sie natürlich nicht ahnen — und ihre Verfolger wiederum haben die Rechnung ohne die Cleverness der Vorstädter gemacht…
Dass Drehbuchautor Josh Klausner die Verwechslungskomödie laut Pressematerial in der Tradition des Unsichtbaren Dritten gesehen haben will, ist natürlich eine Dreistigkeit. Vielmehr erwartet den Zuschauer eine Aneinanderreihung von witzigen bis lahmen Sketchen, die mit fortlaufender Dauer an Biss verlieren. Ist das Setting tatsächlich für den einen oder anderen Lacher gut, entwickelt sich die Geschichte so dermaßen unplausibel, dass im letzten Drittel häufig nur bleibt, den Kopf zu schütteln und dem unvermeidlichen Happy End entgegenzusehnen. Und das, obwohl gerade die Situationskomik, die der Film provoziert, den Darstellern doch sehr entgegenkommt. Man will gar nicht wissen, in welche Abgründe sich Date Night spielen würde, würden nicht die unglaublich witzigen Tina Fey und Steve Carell den Film eine Lebendigkeit einimpfen, die ihn dann teilweise doch zu einer gelungenen Komödie macht — ganz abgesehen von Mark Wahlberg, der eine äußerst selbstironische Nebenrolle übernimmt und einige feine Szenen verantwortet.
Ja, es hätte schlimmer kommen können. Dennoch bleibt bei mir das ungute Gefühl hängen, nicht so ganz willkommen auf der Party zu sein. Das mag man nun als Kulturpessimismus oder gar elitäres Getue auslegen, aber: Hockey-Mum und Fußball-Dad als Zielgruppe schreien sicher nicht nach cineastischen Meisterwerken. Date Night, diese okaye Aneinanderreihung von Sketchen mit ein bisschen reaktionärer “Wird alles gut, solange wir zusammenhalten”-Romantik trifft da schon eher ins Schwarze — für Leute, die auch über U30-Diskos die Nase rümpfen, ist dieser Film hingegen wohl einfach nicht gemacht.
Steffen Greiner