Originaltitel: Bad Lieutenant: Port of Call New Orleans
USA, 2009

Die Rettung eines Gefängnisinsassen vor dem Ertrinken bringt Terence McDonagh (Nicolas Cage) nicht nur die Beförderung zum Lieutenant, sondern auch chronische Rückenschmerzen. Die verschriebenen Medikamente reichen nicht aus, Drogen und Schmerzmittel jedweder Art gehören ebenso zum Alltag des korrupten Polizisten wie sexuelle Nötigung, Bestechung und Erpressung. Als er mit der Aufklärung eines Mehrfachmordes an einer illegalen afrikanischen Einwandererfamilie betraut wird, gerät sein ohnehin schon chaotisches Leben völlig aus den Fugen: Der Teenager Daryl (Denzel Whitaker) hat die Tat beobachtet und würde als Kronzeuge gegen den verantwortlichen Drogendealer Big Fate (Xzibit) aussagen. Terence muss daher für Daryls Sicherheit sorgen, wird aber immer wieder von seinen privaten Miseren eingeholt. Seine Wettschulden wachsen ihm über den Kopf, die Drogenbeschaffung wird immer schwieriger und außerdem bittet ihn seine Freundin, die Prostituierte Frankie (Eva Mendes), um Hilfe, als ein einflussreicher Kunde gewalttätig wird. Eine ausweglose Situation?

1992 schockierte Abel Ferrara mit seinem düsteren, fast schon apokalyptisch anmutenden Thriller Bad Lieutenant, in dem ein groß aufspielender Harvey Keitel als korrupter, drogenabhängiger und spielsüchtiger Polizist die Vergewaltigung einer Nonne aufklären soll. Drehbuchautor Billy Finkelstein nahm sich die Grundprämisse von Ferrara, Werner Herzog machte daraus eine schwarzhumorige Thrillerfarce, die sich ganz und gar auf ihren Hauptdarsteller verlässt. Vor zehn Jahren wäre man durchaus geneigt gewesen, Oscarpreisträger Nicolas Cage als sicherer Bank einen Freifahrtsschein für eine derart abgedrehte Charakterdarstellung auszustellen. Mittlerweile hat der Workaholic aber in derart vielen Gurken mitgewirkt - Wicker Man, Next und Bangkok Dangerous seien hier exemplarisch erwähnt - dass die Vorbehalte ihm gegenüber mit jedem Projekt wachsen. Doch ob es an Werner Herzogs Schauspielführung oder an der endlich wieder einmal fordernden Rolle an sich liegt, Nicolas Cage liefert eine echte Galavorstellung ab - eine spritzig-unterhaltsame One-Man-Show der Extraklasse und seine mit Abstand beste Leistung seit dem 2005er Doppelschlag The Weather Man und Lord of War. Zu beobachten, wie er sich als windschief daherschlurfender, ständig im Drogenrausch befindlicher Exzentriker immer tiefer in die sprichwörtliche Scheiße reitet, ist wahrhaft ein Genuss und lässt endlich wieder einmal sein riesiges Schauspieltalent zum Vorschein kommen. Die restlichen Schauspieler haben Cages Leistung kaum etwas entgegenzusetzen: Val Kilmer, bei dem es zu Filmbeginn noch so aussieht als ob er eine gewichtige Nebenrolle spielen könnte, ist später kaum noch zu sehen. Xzibit, der zum Glück ebenfalls kaum Leinwandzeit bekommt, erbringt erneut den Beweis, dass es kaum eine Rolle gibt, die er nicht mit Anlauf in den Sand setzen kann. Und Eva Mendes sieht nicht nur wieder unverschämt gut aus, sondern spielt zur Abwechslung auch ordentlich.

Was neben Cage noch gefällt, ist Werner Herzogs eigenständige Inszenierung. Ohne die Gelacktheit einer Standard-Hollywood-Produktion fängt er das von Hurrikan Kathrina gezeichnete New Orleans in harten Bildern ein. In vielen der mitunter bizarren Szenerien lässt er Kameramann Peter Zeitlinger auch einfach experimenteller zu Werke gehen und zeigt schon mal minutenlang zwei Leguane beim Nichtstun. Ein bisschen schade ist, dass der Thrillerplot nach dem ersten Drittel immer mehr in den Hintergrund tritt, um weitere Nebenhandlungen zu spinnen, die der Hauptfigur das Leben schwer machen sollen. So schöpft der Film seine Spannung nur noch aus dem jeweils nächsten Fettnäpfchen des bösen Lieutenants, was dem Ganzen einen etwas episodischen Charakter verleiht. Durch die Vielzahl dieser Subplots wird die Laufzeit auch ordentlich gestreckt, die 121 Minuten bleiben nicht völlig frei von Leerläufen.

Nichtsdestotrotz macht die Kombination aus Werner Herzogs gelungener Regie, einem Nicolas Cage in Bestform und dem unterhaltsamen Grundkonzept aus Bad Lieutenant: Cop ohne Gewissen ein Pflichtprogramm, das bei der Viennale-Vorstellung nicht nur viele Lacher, sondern vereinzelt sogar Szenenapplaus erntete.

Michael Eminence” Reisner